Bad-Uniform Bad Brückenau Zwierlein 1792
"Große Welt" im Bad

Die Bad-Uniform aus Bad Brückenau

Die Bad-Uniform für Damen – eine Geschichte und ihre Fortsetzung

1788 war es, da schlug der Brunnenarzt Zwierlein aus Brückenau vor, dass die Damen doch eine “Bad-Uniform” entwickeln mögen. Gemeint war damit beileibe kein Badeanzug in unserem heutigen Sinne, sondern eine funktionale Bekleidung für den Aufenthalt in einem Bade- bzw. Kurort. Die Gründe, die Zwierlein für seinen Vorschlag hatte, waren einleuchtend, denn zum einen brauchten die Damen morgens ewig um sich anzuziehen und kamen so nicht dazu zum Beispiel spazieren zu gehen, was der Badearzt aber für dringend notwendig hielt, damit die Kur auch erfolgreich sei. Zum anderen bemerkte Zwierlein, dass die eng geschnürten Korsetts der Damen dazu führten, dass sie kaum atmen könnten und schon bei leichter Bewegung zu schwitzen begönnen, was natürlich auch nicht im Sinne einer Kur sein konnte zu der auch zumindest „leichte Bewegung“ gehörte.

Dementsprechend riefen der Badearzt und der Herausgeber des Journals des Luxus und der Moden dazu auf die Damen mögen doch selbst eine Bad-Uniform entwickeln, damit bei diesen Problemen endlich Abhilfe geschaffen werde.


Bad-Bekleidung 1788 - Robe à Gorge Angloise
Bad-Bekleidung 1788 – so sah in diesem Jahr die herrschende Damenmode aus. Dies hier ist übrigens eine Robe à Gorge Angloise. Kein Wunder also, dass Dr. Zierlein andere Bekleidung vorschlug – Bild aus: Journal des Luxus und der Moden Juni 1788, S. 290

Damen von Welt und die Bad-Uniform

Nun sollte man meinen, dass die Damen diese Vorschläge und Ideen dankbar angenommen hätten und spätestens nach ein bis zwei Jahren eine solche Bad-Uniform auch tatsächlich zur Verfügung gestanden hätte oder zumindest eine leichtere Bekleidung, die Bewegung möglich gemacht hätte ohne gleich aus der Puste zu geraten.

Also, wie ging diese Geschichte wohl weiter? Haben sich die Damen geeinigt? Gab es im ausgehenden 18. Jahrhundert eine Bad-Uniform für Damen?

Im Regelfall stehen wir bei solchen Geschichten vor dem Problem, dass wir ihren Ausgang nicht kennen. In diesem Fall aber ist es anders. Wir können die Geschichte um die Uniform für Damen beim Aufenthalt im Badeort weiter nachvollziehen, denn im Jahr 1792 kam man im Journal des Luxus und der Moden tatsächlich noch einmal darauf zurück und schilderte was so alles geschehen war:

„V. Allgemeine Bad-Uniforme für Damen entworfen und angenommen von einer Gesellschaft Damen im Brückenauer Baade, im Sommer 1791.
Im siebenten Stücke des Journals des Luxus und der Moden vom Jahr 1788. that der Hr. Hofrath Zwierlein, Brunnen-Arzt zu Brückenau, den Vorschlag zu einer allgemeinen Bad-Uniforme für Damen. Er zeigte den großen Nutzen einer solchen gemächlichen Kleidung sowohl in Ansehung der Bequemlichkeit in den Bädern selbst, als auf der weiten Reise dahin, und forderte die Damen Teutschlands auf, eine Kleidung auszugeben die folgende Haupt-Eigenschaften hätte.
1) die Kleidung muß leicht und bequem zu tragen seyn, um ohne alle Mühe drinn spazieren gehen, tanzen, fahren und reiten zu können;
2) darf sie nicht viel Zeit zum Anziehen erfordern;
3) muß sie den Körper zieren, allgemein gut kleiden, und dessen Reize erhöhen.
Das Uebrige überließ er ganz dem schöpferischen Erfindungsgeiste der schönen Welt, so wie man darüber seinen Aufsatz in obgedachtem Stücke S. 269 ausführlich nachlesen kann. So sehr nun dieser Vorschlag den Damen aller Orten gefiel so konnten sie doch nicht in Bestimmung dieser Kleidung einig werden. Erst im vorigen Sommer warf sich im Brückenauer Bade eine teutsche National-Versammlung von Gräfinnen und andern Damen vom ersten Range auf, die diese wichtige Sache in Ueberlegung nahmen, und von dem wesentlichen Nutzen einer solchen Bad-Uniforme überzeugt, beyfolgende Zeichnung dazu entwarfen, und sich verbanden sie anzunehmen.
Das Kleid ist eine Redinngote en Chemise, von Seiden-Zeuche; die Farbe oliven- oder Thee-grün; Rock und Kleid von einem Zeuch und Farbe, ganz einfach, und ohne alle Garnirung. Die Gorge des Kleides ist en Chemise. Oben hat es einen stehenden und kleinen liegenden Kragen; lange knappe Aermel, mit Aufschlägen à la Marineière und 6 kleinen Knöpfen mit Zeuche überzogen. Der Leib des Kleides unter der Gorge bis zur Teille ist, wie gewöhnlich, glatt, und wird geschnürt. Der Gürtel ist von Coquelicot Atlas mit einer mehr oder minder schönen Schnalle. Das Band um die Haare, an der Badine, so wie auch die Schuhe sind gleichfalls Coquelicot-Farbe; die Handschuhe paille.
Die Haare fliegen entweder in natürlichen Locken um den Hals, oder sind ganz leicht und kunstlos frisirt. Das Halstuch ist ganz einfach von weißen Flor oder Linon, und geht vorn in die Gorge des Kleides hinein.
Es ist willkührlich mit oder ohne Huth zu gehen. Ohne Huth mit einem bloßen Coquelicot Bande um die Haare; oder mit Huthe, dessen Form und Putz dem Belieben einer jeden Dame überlassen bleibt. Am besten würde vielleicht gegenwärtiger von schwarzen Atlas mit etwa fingerbreiten Coquelicot Bande besetzt und einer Soubise von schwarzen Taft garnirt, dazu passen; da er gleichfalls ganz einfach und dauerhaft ist, und gut kleidet.
Die Damen erwarten von den Herren, daß sie so galant und gefällig seyn werden, die nämliche Uniforme, nemlich einen oliven- oder Thee-grünen Frack und Beinkleider, und ein schwarzes Gillet mit Coquelicot Bordüre oder Streifen, im Bade zu trage.
Man muß noch erinnern, daß es mit diese Bad-Uniforme gar nicht so gemeint sey, als sollten die Damen sonst nichts als diese Kleidung im Bade tragen. Wer wollte es wagen der Damen-Toilette Gesetze zu geben; ihrem Geschmacke Fesseln anzulegen, oder einer Dame vorzuschreiben, wie viel oder wie wenig Kleider sie mitbringen solle? Nein die Uniforme ist nur für jede Dame, die, wegen der weiten Reise, nicht viele Kleider mitnehmen kann, oder wegen Gemächlichkeit, Kränklichkeit, oder Erforderniß der Kur, sich nicht in völligen Putz setzen mag, ein sicheres Auskunfts-Mittel mit sie sich gleich helfen, und die ganze Kurzeit bey allen Fällen darinn erscheinen kann; denn diese Uniforme kleidet gewiß jede Dame gut; und welch einen schönen Anblick muß eine ganze Reihe Damen in dieser Uniforme, im Tanze, nicht geben!
Eine große Anzahl Damen hat sich schon wie gedacht verbunden und wirklich anheischig gemacht nächsten Sommer diese Uniforme in den Bädern gewiß zu tragen, denn ihr Titel zeigt schon, daß sie nicht für Brückenau allein erfunden, sondern allgemein und für alle teutsche Bäder bestimmt ist, sich schickt, und für jedes von wesentlichen Nutzen seyn wird. Wir können also sicher hoffen im nächsten Sommer viele schöne Damen in Pyrmont, Carlsbad, Brückenau, Lauchstädt, Aachen, Spaa, Wißbaaden u. s. w. darinn erscheinen zu sehen; und eben dieß ist die Ursach, warum diese zu Brückenau getroffene Vereinigung noch ehe die Kurzeit angeht, durch das Journal d. L. und der Moden allgemein bekannt gemachet wird, von Einer Gesellschaft.“1

Die Damen der großen Welt konnten sich also tatsächlich nach ein paar Jahren einig werden und sie entwarfen auch gleich eine passende Uniform. Die sieht für uns Heutige noch immer reichlich unbequem und nicht gerade praktisch aus, vergleicht man sie aber mit der eigentlichen Mode der Zeit, dann sieht man gleich einen enormen Unterschied und stellt fest, dass eben auch Bequemlichkeit durchaus eine Frage der Perspektive ist.

Ob sich diese Bad-Uniform dann aber tatsächlich durchgesetzt hat, das wissen wir leider nicht so genau. Und in späteren Ausgaben des Journals gibt es leider auch keine weiteren Hinweise. Sollte einer der Leser dieses Beitrags etwa genaueres wissen, dann möge er oder sie sich melden, denn es wäre schon sehr interessant zu wissen, wie diese Geschichte denn nun wirklich ausging.


[1] Journal des Luxus und der Moden, Jg. 2, April 1792, S. 206-208.

Beitragsbild:
So sah sie aus, die Bad-Uniform auf die die Damen sich einigten – die Bad-Uniform von Bad Brückenau aus dem Jahr 1791 –
Bild: Journal des Luxus und der Moden, April 1792, S. 220a

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