Marienbad
Kurbäder Tschechien

Marienbad / Mariánské Lázně

Marienbad zählt zu den „jüngsten“ der drei Kurorte im sog. „Westböhmischen Bäderdreieck“, zu dem auch Karlsbad und Franzensbad gehören. Typisch für das beginnende 19. Jahrhundert war das schier explosionsartige Entstehen des Ortes. Das kleine Marienbad war mindestens so mondän und charmant wie seine Bäder-Nachbarn. Es bietet alleine im Ort selbst 40 mineralische Quellen, die kohlensäure- und salzhaltig sind und um die 100 in der Umgebung. Kunstliebhaber heute und damals kommen und kamen in den Genuss architektonischer Bauten des Neoklassizismus und des Jugendstils. Als außergewöhnlich gelten auch die vom tschechischen Landschaftsarchitekten Wenzel Skalnik gestalteten Parkanlagen, die die herausragende Architektur in die umgebende Landschaft einbetten. 
Nicht zuletzt verdankt auch Marienbad seinen Weltruf seinen Kurgästen, die aus Dichtern und Denkern ganz Europas bestanden – nennen wir es „poetisch verpackte Werbung vergangener Zeiten“.
Unweigerlich verbindet man Marienbad mit keinem geringeren als Johann Wolfgang von Goethe und seiner „Marienbader Elegie“.  Diese gehört zu einer Gedichttrilogie, die er 1823/1824 verfasste.
Bei seinem Kuraufenthalt 1821 verliebte er sich in die 54 Jahre jüngere, damals 17-jährige Ulrike von Lewetzow. Zwei Jahre später kehrte er nach Marienbad zurück, um um die Hand Ulrike anzuhalten. Doch vergebens – mit gebrochenem Herzen fuhr er nach Weimar zurück und verfasste seine „Marienbader Elegie“.
Aber es ist nicht nur der Goethe- den wohl jeder von uns einmal „gehört“ oder gar gelesen hat, der sich im beschaulichen Ort wohl fühlte und herkam, um dem Alltag und der Stadt zu entfliehen.
Literarische Inspiration fanden auch zahlreiche andere weltbekannte Dichter während ihres Aufenthaltes in Marienbad, so etwa der tschechische Schriftsteller Franz Kafka, oder sein Landsmann Jan Neruda, der Marienbad mit einer „Märchenprinzessin“ gleichsetzte. Gleichwohl die „Liebesgeschichte“ Goethes, die vorhersehbar unglücklich ausging, bleibt wohl am stärksten in Gedanken.
Das bis heute jährlich stattfindende „Chopin-Festival“ erinnert an einen weiteren berühmten Kurgast des Ortes: Der polnische Komponist Frederic Chopin verlobte sich während seines Aufenthaltes mit seiner großen Liebe Maria Wodzinka. Doch auch diese Liebe hatte kein Happy End.
Nach der heimlichen Abreise seiner Liebsten zurück nach Polen komponierte Chopin den „Abschiedswalzer“.

Marienbad 1914 Rudolfsquelle und Ferdinandsbrunnen
Marienbad 1914 Rudolfsquelle und Ferdinandsbrunnen – Bild: gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Marienbad – Ort der Erholung und der Inspiration

Marienbad bot seinen Gästen, die dem Trubel der Großstadt den Rücken kehren wollten beschaulichen Charme und Reiz in nahezu unberührter Natur in die das Städtchen durch seine herrlichen Parks und seine prachtvoll gestaltete Architektur „gebettet“ war.
Einklang von Körper und Geist in entspannter Atmosphäre von Natur und architektonischer Schönheit. Nichts wollten die Gäste damals anderes, als wir heute, wenn wir entspannen wollen. Dem Körper Gutes tun und als Resultat dessen den beflügelten Geist genießen und die Sinne schweifen lassen. 

Solche Orte der Erholung – heute würden wir es „Wellness“ nennen – beflügelten natürlich zum Dichten, Philosophieren, Schreiben und Erkunden und nicht zuletzt auch zum Kontakteknüpfen in heiter ausgelassener Stimmung.
Wozu führte das unweigerlich?
Bien sur! Damals wie heute zu Klatsch und Tratsch und zu Entgleisungen gesellschaftlicher Art.
Den „Kurschatten“ gab es damals – und der Begriff ist bis heute in aller Munde, wenn man von einer „Kur“ spricht. Um der Langeweile der gesundheitlichen Anwendungen entgegenzuwirken ging man zwischendurch flanieren, spazieren um die Natur zu genießen – und natürlich auch um sich nach anderen Gästen umzuschauen und zu plauschen.
Damals reiste eine Dame – was zu heutiger Zeit normal ist – nicht ohne männliche Begleitung oder in Begleitung ihrer Eltern oder zumindest der Frau Mutter. Aber eine Bäderreise ohne männliche Begleitung war gesellschaftlich für ein „Frauenzimmer“ erlaubt, gleichwohl eine Begleitung in Form einer Zofe wohl üblich war.

Um nicht weiter abzuschweifen kehren wir jetzt zurück zu unserem zauberhaften Marienbad.
Resümee ist natürlich, dass das damalige Schriftgut der berühmten Dichter, Denker und Komponisten dem Kurort Popularität brachten. Ganz unbeteiligt waren natürlich auch die damaligen ärztlichen Gesundheitsexperten nicht, die Orte wie Marienbad auf Grund ihrer heilenden Anwendungsmöglichkeiten bewarben.

Marienbad hat seine Gründung dem Prämonstratenser Orden zu verdanken – konkreter dem Ende des 12. Jahrhunderts gegründeten Stift Tepl, dessen Klosterarzt Johann Josef Nehr im 17. Jahrhundert die Heilwirkung der Quellen dokumentierte, und dem Abt Karl Prokop Reitenberger, der Anfang des 19. Jahrhunderts die finanziellen Mittel für die Bäderbauten zur Verfügung stellte.
Dies sollte die Geburtsstunde des Kurortes bedeuten. Das sumpfige Gebiet wurde trockengelegt, erste Badehäuser erbaut, Parkanlagen gestaltet.
Namenspatron des Kurortes ist der Marienbrunnen über dem bereits 1761 die erste hölzerne Badehütte entstand.
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts, über mehr als 100 Jahre hinweg, begann die Blütezeit Marienbades, nicht zuletzt durch seine Kurgäste zu denen unter anderem Musiker, Literaten, Kaiser und Könige zählten.

Marienbad / Mariánské Lázně – Geschichte

Stift Tepl (Tepla) bei Marienbad

Mittelalter

Ende des 12. Jahrhunderts wurde das Prämonstratenser Stift Tepl im sumpfigen Gebiet gegründet.
Die heilende Wirkung der Quellen war bereits den Ordensangehörigen bekannt.


Neuzeit

1528
König Ferdinand I. lässt die Quellen auf ihre heilende Wirkung analysieren.

1679
Erstes Traktat über Heilquellen vom Klosterarzt Johann Josef Nehr.

1761
Auf der sog. „Marienquelle“ wurde die erste Badehütte des späteren Marienbads aus Holz errichtet.

1807/1808
Bau des ersten Badehauses an der schwefelhaltigen „Marienquelle“

1818
Die Gemeinde wird zum öffentlichen Kurort erklärt.

1828
Karl Josef Heidler (1792-1866), der böhmische Balneologe, wird Nachfolger Johann Josef Nehers und Badearzt und ärztlicher Leiter des Kurortes – und dessen Förderer

1866
Marienbad erhält Stadtrechte.

1872
Marienbad wird ans Eisenbahnnetzt angeschlossen mit Direktverbindung nach Prag und Wien; später auch Karlsbad.

1905
Eröffnung des Golfplatztes (ältester Golfplatz Tschechiens) durch Kg. Edward den VII.

Ab 1920
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges und der Gründung der Tschechoslowakei 1918 blühte der Kurbetrieb wieder auf

1931
Die Regierung entzieht dem Stift Tepl die alleinige Verfügungsgewalt über Marienbad.
Die Bäder und Bäderanlagen unterstanden fortan einer gemeinsamen Kommission der Regierung der Stadt und des Stiftes.

2. Weltkrieg
Zäsur für den Kurbetrieb; Marienbad wird Lazarettstadt.

1946
Die Kureinrichtungen werden verstaatlicht.

2021
Marienbad wird gemeinsam mit Karlsbad und Franzensbad als eines der zehn „Great Spas of Europe“ in die UNESCO Welterbeliste aufgenommen.


Geschichte des Kurbads

Kreuzbrunnen Marienbad

Bäderarchitektur

1761
Erste hölzerne Badehütte am Marienbrunnen

1807/08
Erstes Badehaus an der Marienquelle

ab 1818
Es entstehen etwa 40 Kurgebäude innerhalb kürzester Zeit, entworfen von den Architekten Georg Fischer und Anton Turner (1818-1823)
Der Kurpark und Grünanlagen werden, nach der Trockenlegung der Sümpfe, vom Gartenarchitekten Vaclav Skalnik (1776-1861) angelegt.

1826/27
Kolonnade mit Pavillon des „Ferdinandbrunnens“ / Ferdinandová Kolonáda / Kolonáda Ferdinandova pramene

1889
„Neue Kolonnade“ / Hlavní  Kolonáda/ „Maxim-Gorki-Kolonnade“
Hauptkolonnade Marienbads.
Mit ihrer ursprünglichen Länge von 180m war sie die größte Kolonnade Böhmens.
Gusseiserne Konstruktion nach Entwürfen der Wiener Architekten Miksch und Niedzelski.
Neben der Architektonischen Ausgestaltung beeindrucken ihre hölzernen Deckengewölbe und ihre kunstvolle Verglasung sowie die modernen Fresken des Künstlers Josef Vyletal.

1870
Kolonnade der Karolinenquelle/ Kolonáda Karolinina a Rudolfova pramene
Antikisierender Bau

1912/13
Pavillon der Kreuzquelle /Pavillon Kirzovýho Pramene
Kopie des ursprünglichen Tempelbaus aus dem 19. Jahrhundert.
Gehört zur Hauptkolonnade.
Quelle wird seit 1750 als „Sauerbrunnen“ genutzt

Marienbad Kreuzbrunnenstrasse

Stadtarchitektur

1848
„Singende Fontäne“/ Zpívající Fontana
Dieser moderne Brunnen befindet sich auf dem Platzt vor der Hauptkolonnade.
Die sprudelnden Fontänen des Brunnens „tanzen“ nach symphonischen Klängen.

Kirche Maria Himmelfahrt/Kostel Nanebevzetí Panny Marie
Entworfen im historistischen Stil vom Architekten Johann Gottfried Gutensohn

1878/79
Anglikanische Kirche/ Anglikánský Kostel Entworfen vom Londoner Architekten William Burges

1900-1902
Russisch Orthodoxe Kirche / Pravoslavný Kostel svatého Vladimír

um 1820
„Chopin Haus“/ Heutiges Kulturhaus
Ehemals Pension „Zum weißen Schwan“

1818
Stadtmuseum/ Městské Muzeum/ „Goethe Haus“ Ehemals „Haus an der goldenen Taube“ als ältestes Gebäude Marienbads. Hier wohnte Johann Wolfgang von Goethe während seiner Aufenthalte in Marienbad. Vor dem Haus steht das Goethe- Denkmal. Gründung des Stadtmuseums bereits 1887
Fassade im Empirestil


Marienbad – Berühmte Gäste

Johann Wolfgang von Goethe

Anton Bruckner (1824-1896)
Österreichischer Komponist

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Deutscher Dichter und Naturforscher

Frederic Chopin (1810-1849)
Polnischer Komponist, Pianist, Klavierpädagoge

Antonin Leopold Dvorák (1841-1904)
Tschechischer Komponist

Thomas Alva Edison (1847-1931)
Amerikanischer Erfinder und Unternehmer

König Edward VII. (1841-1931)
Britischer König

Kaiser Franz Josef I. (1830-1916)
Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen

Jan Neruda (1834-1891)
Tschechischer Schriftsteller

Franz Kafka (1883-1924)
Tschechischer Schriftsteller

Sigmund Freud (1856-1939)
Österreichischer Arzt, Neurologe, Tiefenpsychologe

Gustav Mahler (1860-1911)
Österreichischer Komponist

Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Deutscher Philologe und Philosoph

Karl Friedrich Schinkel (1781-1841)
Preußischer Architekt, Baumeister, Stadtplaner, Maler, Bühnenbildner

Johann Strauss (1825-1899)
Österreichisch-Deutscher Komponist und Kapellmeister

Marc Twain (1835-1910)
Amerikanischer Schriftsteller

Richard Wagner (1813-1883)
Deutscher Komponist, Dramatiker, Schriftsteller, Dirigent und Theaterregisseur

Carl Maria von Weber (1786-1826)
Deutscher Komponist und Pianist

Stefan Zweig (1881-1942)
Britisch-Österreichischer Schriftsteller


Ausflugstipps

Thomas_Ender Schloss Königswart

Kloster Tepl/ Klášter Teplá (gegr. 1193)
Prämonstratenserkloster mit 3-schiffiger romanisch-gotischer Hallenkirche „Mariä Verkündigung“

Kloster Kladrau /Klášter Kladruby (gegr. 1115)
Ehemalige Benediktinerabtei mit Klosterkirche „Mariä Himmelfahrt“ (grösstes Kirchengebäude Böhmens im Stil der Barockgotik- 1712-1726)

Schloss Königswart/ Zámek Kynžvart
Am Rande des Naturschutzgebietes Kaiserwald gelegen
Urspr. Barockschloss
1821-1836 Umbau im Empirestil nach Entwürfen des italienischen Architekten Pietro Nobile
Auf Initiative des Österreichischen Kanzlers Fürst von Metternich
Größter englischer Park Tschechiens

Burg und Schloss Petschau/ Hrad a Zámek Bečov (nad Teplou)
Die gotische Höhenburg wurde In der zweiten Hälfte des 13. Jh. als königliche Wachburg gegründet.
Der Palas wurde im Renaissancestil umgebaut.
Unterhalb der Burg liegt das1753 fertiggestellte Barockschloss.
1861-1865 erfolgten Umbauten nach Entwürfen der Architekten Josef Zitek und Josef Mocker.

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